Liquid Views




Monika Fleischmann, Christian Bohn, Wolfgang Strauss, IMK.VMSD, GMD



Narziß ertrank in sich selbst. Die Reflexion auf einer Wasseroberfläche, überflutet von Wellen, schwindet. Der Zugang zum Selbst bleibt verschlossen. Das zentrale Thema ist die Transition von der rationalen Welt in die Sphären des Unbewußten und vice versa. Aus dem Unbewußten taucht das Ego als Bewußtes auf. Der Mensch jedoch findet erst zu sich selbst, wenn er Unbewußtes und Bewußtes in Einklang bringt. An dieser Stelle beginnt der Prozeß der Individuation und der Kognition. Die Quelle - einziges Element der Ausstattung - steht als Metapher für ein digitales Universum, daß sich durch das Auge öffnen läßt. Der Narziß des Medienzeitalters betrachtet die Welt durch einen flüssigen Spiegel, der unsere normale Wahrnehmung in Frage stellt. Ein gläserner Spiegel, der unser Bild festhält, hat kein inneres Leben. Das digitale Bild jedoch kann gespeichert, manipuliert, und im Computer geändert werden.

In "Liquid Views" wird der Spiegel zum Schauspieler. Das transformierte, halluzinäre Bild entspringt der Rückseite des Spiegels, die uns normalerweise nicht zugänglich ist. Morpheus der "formende" - Sohn des Gottes des Schlafs - erscheint in den Träumen des Menschen in unterschiedlichsten Gewändern. Er gab der Technik des Morphing seinen Namen. Die Form des Bildes wird vom Computer in Echtzeit verändert (Echtzeit Morphing).

"Liquid Views" reproduziert die gekräuselte Wasseroberfläche, die von den sanften Wellen einer Quelle hervorgerufen wird. Wassergeräusche und Wellen lassen uns an diese künstliche Natur glauben. Der Besucher sieht sein Spiegelbild im Wasser, eingebettet in eine flüssige Materie digitaler Bilder. Er versucht einzugreifen, der realistische Eindruck bewegten Wassers verführt den Besucher dazu, die horizontale Projektionsleinwand zu berühren. Indem er die Wasseroberfläche (sensitives Glas) berührt, verändert er sein Bild, wie ein Bild in wirklichem Wasser. Die innovative Schnittstelle fördert die intuitive Interaktion mit dem Computer. Narziß ist der Mythos des Moments, in dem der Mensch sich selbst betrachtet und sich in Frage stellt. Das virtuelle Bild unterstützt unsere Gabe, die Welt sowohl in der (wahrnehmenden) Realität als auch in der (reflektiven) Virtualität zu sehen. Die Berührung wird zur Vision.


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